Viel zu erzählen gab es in der Sendung „Plattenkiste“ bei NDR 1 Niedersachsen. Am 22. März zwischen 12 und 13 Uhr unterhielten sich anlässlich des Tages der Kriminalitätsopfer Katja Brammer, Anja Gruendel und Rainer Bruckert mit Moderator Michael Thürnau über die Arbeit des WEISSEN RINGS in Verden.
Der Tag der Kriminalitätsopfer wurde 1991 eingeführt. Rainer Bruckert berichtet, dass im Jahr etwa 90 000 Menschen in Deutschland Opfer von Kriminalität werden. Der WEISSE RING kümmert sich um die Opfer, denn für viele Menschen bedeutet es eine lange Leidenszeit, bis sie das Erlebte verarbeiten können. Der Schwerpunkt liegt auf Taten gegen das Leben, die Gesundheit, häusliche und sexuelle Gewalt, aber auch psychische Gewalt - Stalking und Mobbing. Derzeit stellen die ehrenamtlichen Mitarbeiter fest, dass sich vermehrt Opfer von Wohnungseinbrüchen an sie wenden. Denen wird nicht etwa finanziell geholfen, sondern sie werden durch den "Dschungel" der Bürokratie geleitet, erklärt der Landesvorsitzende Bruckert. Oft wissen die Opfer nämlich nicht, wer für sie und ihr Anliegen zuständig ist.
Katja Brammer ist Polizistin. Sie hat vor 32 Jahren bei der Polizei angefangen und stellte bald fest, dass immer der Täter im Fokus steht, weniger aber das Opfer. In den letzten 10 Jahren hat sich das bereits verändert. Heute wird auf den WEISSEN RING oder auch die Stiftung Opferhilfe hingewiesen, bestätigt sie. Sie kann die Sachlage meist auch nüchtern betrachten, doch gerade bei sexueller Gewalt gegenüber Kindern fällt ihr das mitunter schwer, sagt sie offen. Dann aber hilft der Austausch der Mitarbeiter beim WEISSEN RING. Sie hat auch schon erlebt, dass Opfer die Hilfe zunächst ablehnen, sich dann aber vielleicht nach einem halben Jahr melden, weil sie doch Unterstützung benötigen. Auch dann wird selbstverständlich noch geholfen. Der WEISSE RING kann unter der zentralen Telefonnummer 116 006 erreicht werden.
Auch Anja Gruendel arbeitet in Verden mit. Die Opferfälle kommen über den Außenstellen-Leiter an die einzelnen Mitarbeiter. Er überlegt vorher, welcher der zwölf Mitarbeiter in der Außenstelle Verden zu welchem Fall und Opfer passt. Die Mitarbeiter werden geschult, doch Anja Gruendel verlässt sich auch auf ihre Intuition, wenn sie dem Opfer begegnet. Sie ist mutig an die ehrenamtliche Tätigkeit rangegangen, ohne zu wissen, ob sie es wirklich leisten kann. Wenn ihr ein Fall zu nah geht, kann sie jederzeit den Fall an jemand anderen in der Gruppe abgeben, falls ihr der Austausch untereinander nicht hilft. Gerade Sexualdelikte oder andere Dinge, die in den persönlichen Bereich gehen, können der Familie häufig nicht anvertraut werden - dann tut es dem Opfer gut, mit einem Außenstehenden sprechen zu können. Das große Ziel ist, zuzuhören und dabei Ruhe auszustrahlen und damit ins normale Leben zurückzuführen.
Der WEISSE RING muss "die Laus im Pelz" der Politik sein, erklärt der Landesvorsitzende Rainer Bruckert. Ändern muss sich nach seiner Meinung, dass die Beweislage auch nach 20 oder 30 Jahren dazu führt, einen Täter zu belangen, auch wenn er zuvor freigesprochen wurde. Heutige wissenschaftliche Methoden machen zwar den Beweis möglich, die Gesetzeslage lässt ein neues Verfahren jedoch in solchen Fällen nicht zu. Doch auf anderen Gebieten sieht er Verbesserungen: Seit dem 1. Januar beispielsweise besagt eine EU-Richtlinie, dass Opfer bestimmter Straftaten zum Gericht begleitet werden und auch die Möglichkeiten der Nebenklage sind ausgeweitet worden. Dies sieht Bruckert als Erfolg auch des WEISSEN RINGS.
Der WEISSE RING bekommt keine staatliche Unterstützung und ist deshalb auf Mitgliedsbeiträge, die Zusprache von Geldbußen durch ein Gerichtsurteil und Spenden angewiesen. Inzwischen jedoch vermachen auch immer mehr Menschen dem WEISSEN RING testamentarisch Geld, das dann hilft, anderen zu helfen.
Von Montag bis Freitag heißt es zwischen 12 und 13 Uhr bei NDR 1 Niedersachsen „Die Plattenkiste – Hörer machen ein Musikprogramm“ und die Sendung wird komplett von den Gästen gestaltet. In der Sendung können sich Vereine, Clubs, Organisationen vorstellen – egal ob Chor, Surfclub, Theater- oder Selbsthilfe-Gruppe.
Informationen zur Bewerbung unter www.ndr1niedersachsen.de